Als IT-Dienstleister in der Corona-Zeit

Völlig zurecht wurde im vergangenen Jahr viel darüber berichtet, wie es Handwerkern, Bäckern, Lehrern und Familien, Selbstständigen und Ehrenamtlichen
in der Coronazeit so ergeht. Welch Ideenreichtum ihnen entsprungen ist und mit was diese „Gruppen“ zu kämpfen hatten wurde ausführlich thematisiert.

Der IT-Dienstleistungssektor war schnell der Heilsbringer auf der Gewinnerseite. Alles was mit IT zu tun hat boomte offenbar. Doch ganz so einfach ist es nicht. Genau wie in jeder Branche gibt es auch im Bereich der Software-Entwicklung und IT-Dienstleistung eine große Spannbreite zwischen großen Konzernen und kleinen Unternehmen. Diese Spannbreite ist genauso vielfältig wie die Angebotspalette der darin befindlichen Unternehmen. Als Softwareunternehmen und KMU in diesem Bereich sind durch das vergangene Jahr ein paar Eindrücke entstanden, die wir hier auszugsweise geclustert haben. Wohlbemerkt handelt es sich um rein subjektive Eindrücke, die für sich genommen nicht diesem außergewöhnlichen Jahr gerecht werden können.

1. Überraschend normal

Präsenztermine und Beratungsgespräche konnte man sicherlich an einer Hand abzählen, das war schon anders als in einem normalen Jahr. Aber im Vergleich zu den oben genannten Gruppen mussten wir uns nicht ständig neu erfinden und neue Lösungen für unsere Arbeitsweisen verinnerlichen. Lediglich das Setting war ein anderes. Keiner von uns musste sich daran gewöhnen vor einem Laptop zu sitzen. Für technische Probleme haben wir reibungslos eigene Lösungen entwickelt. Das gemeinsame Mittagessen konnte jedoch auch nicht unser internes Videokonferenztool ersetzen.

2. Die IT ist ohne Ihre Anwender nichts!

Schnell war klar, dass auch wenn Web-Anwendungen elementar dazu beitragen, die Ausfälle analoger Arbeitsweisen auszugleichen, musste dieses Bewusstsein doch noch immer geweckt werden. Die Bereitschaft in einen solchen digitalen Anwendungsausbau zu investieren schien nicht nur von dem zuvor genannten Bewusstsein und der daraus versprochenen Dividende abhängig, sondern auch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Nimmt man die Erkenntnis aus Punkt 1 hinzu, kann man sagen, dass auch wenn wir ununterbrochen einsatzfähig waren und kaum regulatorische Einschränkungen hatten, wir an das Schicksal der Unternehmen gebunden waren, denen es eben nicht so ging.

3. Das Vorstellungsvermögen des Möglichen war bescheiden

Dieser Punkt war in den Jahren zuvor nicht anders. Angesichts der Tatsache, dass es im letzten Jahr der Pandemie einen forcierten Fokus auf Digitale Lösungen gab, war es jedoch überraschend, dass die großen bahnbrechenden technischen Lösungen ausblieben. Business as usual schien eher ein erklärtes Ziel als progressive Adaption. Es wirkte, als ob die Investition in die Digitalisierung nach wie vor ein Wagnis wäre; für Eltern, Ämter und Unternehmen. Das fühlt sich für uns so an, als ob man sagen würde, die Investition in Bildung oder Logistik sei ein Wagnis.

Dass eine Friseurkette erst eine Pandemie durchleben muss, um Kunden ein Online-Terminbuchungssystem anzubieten war schon erstaunlich. Nicht die Mittel schienen hier Grund der Digitalen Distanz zu sein, sondern die Vorstellungskraft der Digitalen Möglichkeiten. Wir sind keine fanatischen Technokraten. Wir glauben nicht, dass alles mit modernen Mitteln umgesetzt werden muss. Wir bekommen unsere Brötchen nicht mit Drohnen geliefert. Aber dass Schichtpläne immer noch per Stift und Papier notiert im Laden aushängen, können wir nur damit erklären, dass ein solches Unternehmen entweder auf Mehraufwand steht oder die Vorstellungskraft des Möglichen fehlt.

Erst kürzlich erschien die positive Botschaft, dass der größte Internet-Knotenpunkt Deutschland, der DE-CIX in Frankfurt mit der erhöhten Bandbreite während der Coronazeit nahezu problemlos umgehen kann. Damit Digitalisierung nützt muss sie auch zugelassen werden. Sie ist schon lange da und je zögerlicher man ihr begegnet, desto mehr Kontrolle und Erträge gibt man auf.

Eine gern genutzte Trainingseinheit bei unseren UX Workshops ist das gemeinsame Evaluieren von Begeisterungsmerkmalen digitaler Anwendungen. Kurz gesagt, die Gruppe versucht methodisch herausfinden, was bei einem Online Lieferservice aus Käufersicht ganz geil wäre. Es ist jedes Mal erstaunlich, wie nahezu bescheiden die Teilnehmer sind, wenn es um die Wünsche aus Kundenperspektive geht. So wurde in einem Training im letzten Jahr genannt, dass es ein begeisterndes Feature wäre, einsehen zu können, wann das Essen eintrifft. 2020.

Es bedarf weniger Mut gegenüber der Digitalisierung, denn es handelt sich weniger um ein eingehendes Wagnis als man denkt. Was benötigt wird ist allerdings die Bemühung der Vorstellungskraft. Dabei helfen wir auch gern.

3. Wohl dem der Digital vorgesorgt hat

Bei unseren Kunden mit vorhandenen IT Infrastrukturen war schnell viel Bewegung und Anpassungsfähigkeit zu verzeichnen. Das klappte so gut, dass man oft nicht mal merkte, wer im Homeoffice war und wer noch im Büro. Manchmal verlief das Arbeiten so reibungslos, dass man während des Arbeitens sogar vergaß, dass man inmitten einer Pandemie steckte. Besonders bewährt haben sich das Social Intranet, Meeting-Planungstools und Videokonferenzlösungen. Unternehmen, die sich auf solche Lösungen eingelassen haben, funktionierten. Hier war für uns nicht nur ein deutlich gesteigertes Interesse sichtbar, sondern auch eine Steigerung des effektiven Umgangs mit solchen Tools. In unserem Kundenkreis, insbesondere im Industriesektor, in denen ein großer Teil überwiegend IT-los arbeitet, gab es plötzlich eine enorme Leistungssteigerung und dadurch auch Freude im Umgang mit Webanwendungen. Man könnte sagen, es entsteht gerade eine neue digitale Selbstsicherheit im Umgang mit digitalen Werkzeugen.