Da hört der Spaß auf!

Bei all den Datenpannen, die hier im Laufe der Zeit so angefallen sind, ist mitunter ein beachtlicher Imageschaden für die betroffenen Unternehmen und Behörden entstanden. Aber was „ein Problem im Datenabgleich“ (so die offizielle Begründung) bei den deutschen Behörden ausgelöst hat, ist in Sachen Imageschädigung wohl nicht zu übertreffen. Wäre das Finanzministerium ein Wirtschaftsunternehmen, bewegte sich dessen Kundenzahl momentan wohl gegen null. Warum?

Das Schweriner Finanzministerium hat kürzlich mehrere Hundert Steuerbescheide an belgische Rentner und deren Witwen verschickt. Die meist über 80-Jährigen sollten ihre Rente rückwirkend seit 2005 versteuern, da seit jenem Jahr deutsche Rentenzahlungen steuerpflichtig sind. Bis hierhin ist alles noch vertretbar.

Wenn man jedoch ehemaligen Zwangsarbeitern aus den Ghettos zur Zeit der Nationalsozialisten ihre in Deutschland erzielten Einkünfte nachträglich noch besteuert, ist das an Taktlosigkeit wohl nicht zu überbieten.

Obendrein wurden alle Briefe selbstverständlich in deutscher Sprache verschickt. Stephan Bliemel, der Sprecher des Schweriner Finanzministeriums (zuständig für die Auslandsrenten), zeigt Verständnis für die Empörung über den sprachlichen Fauxpas, meinte jedoch, dass man die „Bescheide nicht in 120 Weltsprachen übersetzen“ kann.

Der eigentliche Skandal, die Erhebung der Steuer auf Einkommen aus Zwangsarbeit, geschah im Übrigen entgegen einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums, keinerlei Steuerbescheide an Verfolgte gemäß Bundesentschädigungsgesetz zu versenden. Als Grund dafür, dass dies doch geschah, werden vom Schweriner Finanzministerium „Probleme im Datenabgleich“ angegeben. Der Kommentar des Ministeriumssprechers:

„Wir können hier nicht sehen, aus welchen Gründen jemand seine Rente erhält. Wenn in unseren Datenbanken nicht vermerkt wird, dass jemand zu der Gruppe der Verfolgten gehört, können wir das nicht nachvollziehen.“

Womit bzw. mit welcher Behörde hier ein Datenabgleich hätte erfolgen sollen, wird nicht genannt. Die technischen Voraussetzungen, um dies abgleichen, im jeweiligen Datensatz speichern und anschließend dementsprechend nutzen zu können, existieren allemal.

Als kleiner Lichtblick bleibt lediglich noch anzumerken: Der Bundestag hat im Anschluss an den Skandal umgehend ein Gesetz verabschiedet, welches die Besteuerung dieser Einkommen verhindert.

(Quelle: taz.de)